Mittwoch, 13. Mai 2015
Sleeping Love

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1. Kapitel
Ich hasse die Leute, die ständig nur jammern und mit jedem unwichtigen Symptom oder dem kleinsten Kratzer zum Arzt rennen. Deswegen hasse ich auch Wartezimmer, da dort immer mindestens eine Person sitzt, die die ganze Zeit rumseufzt oder ihrem Sitznachbarn erklärt, was für eine schwere Bürde sie doch tragen müsse. Diese Leute, die Mitleid von jeder x-beliebigen Person erhaschen wollen, sind echt erbärmlich. Aus diesem Grund gehe ich so selten wie möglich zum Arzt, verschiebe meine Termine oder lasse es einfach ganz bleiben. Auch die vorgeschriebene Medizin nehme ich selten, da ich der Meinung bin, dass diese mein Immunsystem nur schwächer macht und mich selber somit anfälliger für Krankheiten. Trotzdem bin ich nicht einer dieser Ökos, ich könnte niemals auf Fleisch oder Fisch verzichten. Ich frage mich immer, welche Patienten für den Arzt schlimmer sind: Die Hypochonder, die regelmäßig zum Arzt laufen und einen an der Waffel haben, oder Patienten wie mich, die quasi nie erscheinen und vielleicht deswegen auch anstrengend sind.

Nun sitze ich wieder einmal gezwungenermaßen in einem Wartezimmer. Das letzte Mal war es vor 3 Jahren der Kieferorthopäde gewesen, der mir meine lästige, feste Zahnspange entfernt hat. Doch jetzt sitze ich beim Osteopathen, da mir mein linkes Handgelenk seit Monaten zu schaffen macht. Meine Mutter war es leid, dass ich ständig mit diesem rumknacke und schleifte mich zu einem Arzt, der mir widerum diesen Osteopathen empfiehlte. Im Grunde genommen sind doch Arzttermine nur ein nerviges Hin-und-her-geschicke, die sowohlmeine Zeit in Anspruch nimmt, als auch die Zeit der Ärtzte. Also hat mich meine Mutter vor ca. 15 Minuten vor der Praxis abesetzt und gewartet bis ich die Praxis betreten habe.
Neben mir sitzt eine ältere Dame, die die ganze Zeit auf mich einredet, aber ich blende sie einfach aus. Ich nicke nur, starre gegen die gegenüberliegende Wand und versuche zu schlafen. Ich habe mir nämlich in der Schule beigebracht, trotz guter Noten, mit offenen Augen zu schlafen, was mir schon häufig in solchen Situation wie jetzt geholfen hat. Plötzlich fühle ich einen leichten Druck an meinem rechten Arm. Ich blicke die alte Frau fragend an, die mich ein wenig beleidigt ansieht und sagt: "Ich glaube, Sie sind jetzt dran." Ich schaue mich um. Es sind keine anderen Patienten mehr im Wartezimmer, obwohl ich gar nicht weiß, ob am Anfang wirklich viele Leute hier drin waren. An der Tür steht eine sehr ungeduldige Arzt, die die ganze Zeit mit ihrer Fußspitze auf den Boden tippt und mich mit ihren grünen Augen fixiert. Sie ist sehr groß und schlank, schon fast hager, und ihre langen braunen Haare sind streng zu einem Zopf gebunden. Langsam stehe ich auf, da meine Gliedmaßen noch leicht taub vom langen Sitzen waren und bewege mich in Richtung Tür. Ich ignoriere das genervte Aufseufzen der Dame, die wir in dem Zimmer zurücklassen und folge der in weiß gekleideten Frau. Es muss bestimmt witzig aussehen, wie hinter ihr ein 1,57m kleiner, blond-rothaariger Zwerg in ihren Rockerklamotten herwatschelt. Sie lotzt mich an der Rezeption vorbei zu eine Tür am Ende des Ganges und öffnet diese. "Doktor Schulte wird gleich bei Ihnen sein. Bitte nehmen Sie schonmal Platz." Mit diesen Worten verschwindet die Brünette wieder aus dem Zimmer und lässt mich allein.

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